Cloud Computing ≠ Internet Computing

cloud_eq_internetCloud Computing ist in aller Munde, überall kann man zu Cloud Computing lesen und nahezu jeder interpretiert „Cloud“ als Internet. Warum zur Hölle hat man es dann nicht gleich „Internet Computing“ geschimpft? 😉

Eigentlich wollte ich hier auf meinem Blog noch nicht zu Cloud Computing schreiben und lieber meine aktuelle Arbeit zur Implementierung von Cloud Computing in einem Konzern abwarten. Aber heute Vormittag hat mir ein Artikel aus der ;login: dem USENIX Magazin wieder einmal aufgezeigt, dass womöglich die Mehrheit da draußen in unserer IT-Welt Cloud Computing falsch  interpretiert.

Fehler Nr. 1: Cloud = Internet

Nur weil das Internet zu gerne in Netzwerkdiagrammen als eine Wolke dargestellt wird, heißt das doch noch lange nicht, dass die Cloud ein Synonym zum Internet ist! Die Wolke soll lediglich die Abstraktion darstellen, das Cloud Computing erst einmal völlig los gelöst von Hardware, Netzwerk und Betriebssystem zu betrachten ist.

Ebenso wenig stellt die Wolke eine ungewisse Lokation dar. Es liegt in der Hand des Kunden, wo er seine Anwendung sieht und welche Ressourcen dieser Anwendung bereitgestellt werden sollen. In einem größeren Unternehmen erübrigt sich sogar die Standortfrage gänzlich, da man die Anwendung selbstverständlich im eigenen Cloud fähigen Rechenzentrum betreiben wird.

Fehler Nr. 2: Public Cloud = Internet Cloud

Erschwerend zur Verwechslung mit der Cloud Symbolik und dem Internet kommt die Abgrenzung Public und Private Cloud hinzu. Laut Definition spricht man bei einer Public Cloud davon, dass der Anbieter und der Nutzer unterschiedlicher Organisationen angehören. Wieder aber einmal verleitet der Begriff „Public“ dazu, dass man bei einer Public Cloud zu gerne vom Internet spricht. Was aber meiner Meinung nach völlig falsch ist.

Mit stetiger Einführung von IPv6 verschwimmen doch zunehmend die Grenze zwischen Internet und dem LAN. Mit IPv6 kann jedem Endgerät eine öffentliche IP Adresse zugewiesen werden und damit fügen sich die lokalen Netze früher oder später nahtlos in das Internet ein. Und selbst jetzt schon – trotz IPv4 – sind doch die Grenzen zwischen Internet und LAN nur durch die verfügbaren Bandbreiten begrenzt.

Hinzu kommt das heutzutage IT-Dienstleister mitsamt komplettem Equipment innerhalb eines Rechenzentrums ihre Leistungen anbieten. Ein Paradebeispiel ist Storage: Ein Dienstleister stellt dabei ein Storage System, integriert dieses in das bestehende SAN und bietet Speicherkapazität in Form eines IT-Services an. Abgerechnet wird bedarfsgerecht nach Kapazität und Leistung. Dieses Geschäftsmodell beißt sich doch jetzt schon mit der Definition der Private Cloud.

Wenn wir die Cloud also schon klassifizieren, dann werden wir in Zukunft wohl überwiegend Hybrid Clouds antreffen. Ich bin allerdings der Meinung dass die Klassifizierung hinfällig ist, spätestens dann wenn wir von einem globalen Netzwerk sprechen.

Fehler Nr. 3: Cloud Computing = Virtual Computing

Wir alle haben den Siegeszug von Virtualisierung die letzten Jahre beobachtet. Die Entwicklungen in dem Segment sind auch kaum zu bremsen und die Virtualisierung wird schon weit über die Test- und Qualitätssicherungssysteme hinaus genutzt. Nichts destotrotz Cloud Computing ist nicht gleichbedeutend mit Virtualisierung, denn Cloud Computing kann man meiner Meinung nach auch gänzlich ohne Virtualisierung implementieren. Allerdings laste ich dann meine Server nicht mehr zeitgemäß aus und spätestens dann reißt mir ein CIO den Kopf ab. 😉 Die Virtualisierung egal ob Server, I/O, Storage sind lediglich Technologien die idealerweise für eine Cloud Computing Umgebung herangezogen werden. Ansonsten hat Cloud Computing mit Virtualisierung erst mal nichts zu tun.

Fehler Nr. 4: Cloud Computing = Produkt

Die Hersteller mögen das vielleicht nicht so sehen, aber Cloud Computing ist kein Produkt das man kaufen kann. Cloud Computing ist ein Konzept, das sich mit den Produkten der Hersteller besser oder schlechter implementieren lässt. Die Grundphilosophie von Cloud Computing ist so einfach wie auch wirkungsvoll: „Alles aus einer Hand“
Und was noch viel interessanter ist, Cloud Computing ist so gesehen schon ein alter Hut!

Wenn man es genau nimmt, sind typische Webhoster im Grunde genommen vollwertige Cloud Anbieter. Web Hosting in seiner ganzen Vielfalt repräsentiert das Cloud Computing Konzept besser als gedacht. Der Kunde will einen Service, dieser lautet Web! Der Kunde wählt die entsprechende Leistungs- und Serviceklasse aus dem Web Hosting Angebot aus. Nach erfolgter Bestellung erhält Kunde seinen Zugang und kriegt in Zukunft jeden Monat exakt eine Rechnung. Benötigt er eine andere Leistungs- oder Serviceklasse wechselt er einfach den Tarif. Ist das Webhosting nicht mehr nötig, kündigt Kunde lediglich den Vertrag. Um alles andere kümmert sich der Dienstleister. Das umfasst nicht nur Rechenleistung, sondern auch Infrastruktur, Netzwerk, Storage, OS und Anwendung.

Eine klassische IT Organisation in einem Konzern hat für jeden der oben genannten Bereiche normalerweise eine eigene Abteilung. Diese Abteilungen stellen heutzutage dem Kunden zu allem Überfluss eine gesonderte Rechnung aus! Ganz zu schweigen davon, welcher organisatorische Aufwand betrieben werden muss, bis der Kunde endlichen seinen eigentlichen IT-Service entgegen nehmen kann (oder soll ich „darf“ sagen?). Spätestens jetzt wird doch einem bewusst, welche Idee hinter Cloud Computing steht. Wenn es denn schon ein Produkt ist, dann ein Produkt unserer Zeit. 😉

Fazit

Cloud Computing hat meiner Meinung nach so gesehen nichts mit Internet zu tun. Sicherlich verleiten die Angebote von Amazon und Google dazu, Cloud Computing  als eine Art Rechenzentrum im Internet zu sehen. Aber Cloud Computing wird keine Internetdomäne bleiben und findet gewiss über kurz oder lang Einzug in die Rechenzentren der Unternehmen. Andernfalls wäre das Thema doch keinesfalls so heißt diskutiert, immerhin ist das Einsparpotenzial hinter dem Cloud Computing Konzept der eigentliche Treiber dieser „neuen“ Idee. Für tolle Technologien haben IT-Entscheider bekanntlich selten ein Ohr. Nur diesmal haben sowohl die Führungsetage als auch die Technik etwas vom Kuchen. Die optimale Umsetzung von Cloud Computing hinsichtlich Einsparpotenzial erfordert Investitionen in innovative Produkte und Dienstleistungen. Meine Aussichten sind daher heiter bis wolkig. 😉

So, das sollte für’s erste genug sein. Wer anderer Meinung ist als ich, möge sich doch melden. Denn das was ich hier niedergeschrieben habe, ist meine persönliche Einschätzung zu Cloud Computing.

Ach ja, nicht vergessen möchte ich natürlich den Artikel der mich eigentlich zu diesem Blog Eintrag überredet hat. Zu finden ist dieser unter /dev/random von Robert G. Ferrel in der ;login: Ausgabe Oktober 2009.  Siehe: www.usenix.org